Die gegenwärtige Krise westlicher Demokratien besteht ganz offensichtlich darin, dass das Gespräch zwischen Technokraten und Populisten so schwer geworden ist. Es entsteht der Eindruck, dass Intelligenz und Emotion einander unversöhnlich gegenüberstehen. Kompromisse sind so schwer auszuhandeln, weil sich die beiden Seiten dem Aushandeln grundsätzlich verweigern: Informationen kann man erwerben, aber nicht verhandeln – so denkt der Technokrat. Mit Selbstvertrauen ist man ausgestattet oder eben nicht – das scheint die Haltung der Populisten zu sein. Worüber soll man also noch reden?

Diese Lage, die ich hier grob überspitzt darstelle, wird vielfach analysiert: als eine Welt des Zorns, die therapiebedürftig ist und in der sich Superreiche mit Abgehängten gegen die liberale Mitte verbünden, die unter dem Druck sozialer Medien immer schwächer wird und in der sich angesichts einer kaum zu beherrschenden Flüchtlingskrise immer mehr Menschen nach der guten, alten Zeit zurücksehnen.

Ortwin Renns eben in stark überarbeiteter zweiter Auflage erschienenes Buch Gefühlte Wahrheiten leistet in dieser Situation einen wichtigen Beitrag, der auf die Stabilisierung gesellschaftlicher Verhältnisse abzielt. Renn warnt davor, die jeweils „andere Seite“ als kommunikationsunwillig und denkfaul abzustempeln. Der soziale Friede und die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft würden nicht dadurch hergestellt, dass Informationen verbreitet und administrative Maßnahmen planmäßig durchgeführt werden – und auch nicht dadurch, dass man sich die Probleme einfach wegwünscht.

Was er statt dessen vorschlägt, skizziere ich in meiner Rezension dieses wichtigen Buches.