Charlie und ichWas Charlie und ich gemeinsam haben // Ein Bekennerbrief

Die Ereignisse der letzten Tage sind wohl sehr vielen von uns nahegegangen. Auch mir. Erlauben Sie mir aus diesem Anlass einige persönliche Worte.

Mit meiner Kollegin Anja Mutschler habe ich vor gut vier Jahren im Bereich Wissenstransfer und internationale Forschung ein Unternehmen gegründet, dessen Kunden in vielen Ländern tätig sind. Wir haben in unserem täglichen Geschäft mit Menschen zu tun, die wiederum aus vielen Ländern stammen – mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Kunden. Wir haben eine ganze Reihe von Projekten bearbeitet, die mit der arabischen Welt zu tun haben. Gerade im Moment laufen zwei Projekte mit Frankreich-Bezug. Unser Geschäft ist die Recherche: Wir wollen Unternehmern und Agenturleuten Wissen über andere Kulturen vermitteln – über Märkte und Menschen, ihre Traditionen und Hoffnungen. Über ihre Werte und über das, was ihr Zusammenleben spannend macht.

Beim Blick auf andere Kulturen sehen Unternehmer – genau wie viele andere auch – Risiken und Chancen. Wir sehen die Gefahr, anderen auf die Füße zu treten, und wir sehen die Chance, mit uns bisher fremden Menschen ins Gespräch zu kommen über die Themen, die uns und sie beschäftigen. Kulturwissenschaftler können diese Doppelung sehr gut erklären.

Zum Marketing gehört oft auch die Provokation. Zur Innovation gehört immer auch der Abschied von liebgewonnenen Gewohnheiten.

Mit welcher Aussage, mit welchem Bild und mit welcher Handlung ich einen anderen Menschen provoziere, lässt sich im Vorhinein oft sehr gut einschätzen. Viele Provokationen beruhen darauf, wunde Punkte anzuspielen.

Wir als Unternehmen agieren, genau wie die überwältigende Mehrzahl unserer Kunden, in einem marktwirtschaftlichen System, das in eine freiheitlich-demokratische Grundordnung eingebettet ist. Hier darf man provozieren, und hier muss man sich oft provozieren lassen, selbst wenn einem das unbequem ist. Man darf sich auch wehren. Man darf sich mit vielerlei Mitteln mit Provokateuren auseinandersetzen. Provokation und Replik – beide! – haben sich an gewisse Spielregeln zu halten, aber das Spielfeld ist außerordentlich groß.

Unsere Kunden wollen nicht in erster Linie provozieren. Mit ihnen entwickeln wir in der Regel Konzepte, die auch darauf ausgelegt sind, Respekt für die Eigenart eines bestimmten Marktes und seiner Mentalität zu zeigen. Diese Mischung aus Provokation und Respekt – die genießen wir.

Und zu der Ordnung, die sie ermöglicht, bekennen wir uns ausdrücklich.

Dass es engagierte Medien gibt, die informieren und unterhalten, und dass es Parteien, Gemeinden, Unternehmen, Verbände und Vereine gibt, in denen Menschen tätig werden können, wenn ihnen etwas nicht gefällt und wenn ihnen etwas am Herzen liegt, ist ein hohes Gut. Mit denen, die es geringschätzen, indem sie es nicht in Anspruch nehmen, und mit denen, denen die Würde eines jeden anderen Menschen nicht heilig ist, setzen wir uns auseinander, so gut wir es können.

Als Wissensdienstleister, der Informationen liefert, auch über Vorurteile, und als Anbieter von Kulturchecks für die internationale Unternehmenskommunikation liegt uns dies besonders am Herzen.

Als deutsch-französischer Doppelstaatler hat mich der gemeinsame Moment des Innehaltens von Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Hollande sehr beeindruckt. Auch dieser inzwischen schon viele Jahrzehnte währenden Einigkeit haben wir vieles zu verdanken.

Bitte verzeihen Sie es mir, wenn ich mit diesen emotionalen Worten die Gepflogenheiten eines Infoletters verletzt habe. Ich nehme es Ihnen nicht übel, wenn Sie mich darauf hinweisen.